Die Digitalisierung bedarf einer neuen Unternehmenskultur

4. Forum Digitalisierung diskutiert Unternehmenstransformation im Zeitalter der Digitalisierung und KI in der Anwendung

„Die Digitalisierung wird über Erfolg oder Misserfolg unserer Unternehmen entscheiden,“ erklärte BDL-Vorstand Michael Mohr in seiner Keynote zum 4. Forum Digitalisierung am 18. Oktober 2019 in Berlin. Nicht nur dieser Appell zeigte, wie sehr das Thema Digitalisierung die Leasing-Wirtschaft beschäftigt. Über 100 Vertreter von Leasing-Unternehmen und Partner aus dem Umfeld der Branche informierten sich auf dem 4. Forum Digitalisierung – eine Rekordteilnehmerzahl. Das Forum widmete sich den beiden Schwerpunktthemen Unternehmenstransformation im Zeitalter der Digitalisierung sowie Künstliche Intelligenz (KI) und Robotics in der Anwendung.

Mohr blickte in seiner Keynote in die nicht mehr ferne Zukunft: „Das Produkt Leasing darf nicht mehr als reine Asset-Finanzierung betrachtet werden. Zukünftig ist neben der reinen Finanzierung ein Mix aus digitalem Service und exzellenter Beratung unabdingbar,“ betonte der BDL-Vorstand. Denn durch Generierung und Vernetzung von Daten entstehen neue Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Dafür müssen Unternehmensprozesse neu ausgerichtet und vernetzt werden. Jedoch gehe es nicht nur um den Einsatz neuer Technologien, vielmehr müsse sich die gesamte Unternehmensorganisation auf die Digitalisierung einstellen. Digitalisierung bedeute, dass sich der klassische Arbeitsplatz und die gewohnten Arbeitsweisen verändern werden. „Es muss eine neue Kultur des Zusammenarbeitens geschaffen werden, von der Führungsspitze bis hin zum einzelnen Mitarbeiter. Dabei müssen wir alle mitnehmen“, leitete Michael Mohr auf den ersten Forums-Schwerpunkt über.

Vorbildfunktion der Entscheider im Transitionsprozess

„Wenn Digitalisierung die Herausforderung ist, antworten wir mit einer neuen Unternehmenskultur“, erklärte Sabine Kluge, Kluge & Konsorten. Unabdingbare Voraussetzung für den Transformationsprozess sei, dass „alle im Unternehmen verstehen müssen, dass es jetzt losgeht, dass man nicht darauf warten kann, dass ‚die Digitalisierung‘ über einen kommt. Man braucht ein gemeinsames Grundverständnis des Unternehmensziels.“ Der Fokus liege dabei auf den Führungskräften. „Entscheider sollen sich als Teil von Problem und Lösung sehen und eine Vorbildrolle übernehmen.“ Für Unternehmenslenker bedeute dies, sich von bisherigen Wasserfall-Strukturen zu verabschieden. „Es geht um das komplette Überdenken hergebrachter Führungsstrukturen.“ Dies sei ein wichtiger Faktor im Recruiting, denn gerade der Nachwuchs suche eine demokratische Unternehmenskultur, die auch neue Problemlösungsstrategien zulasse. Für unkonventionelle Strategien bedarf es unterschiedlicher Köpfe, junge und kreative, aber auch erfahrene, die die neuen Ideen mit den Marktgegebenheiten abgleichen. Als „Pinguine und Papageien“ beschreibt die Transformationsexpertin die Mitarbeitertypen anschaulich.

Lesen Sie hierzu auch den Gastbeitrag von Sabine Kluge.  

Werkstattbericht der abcfinlab

Wie eine neue Unternehmenskultur in der Praxis aussehen kann, beschrieb anschließend Markus Wernicke von abcfinlab. Ziel des Kölner Unternehmens ist es, neue Produkte und Geschäftsmodelle für die abc-Gruppe zu entwickeln. „Dafür brauchen wir Kreativität, Mut, Veränderungsbereitschaft in einem geschützten Raum.“ Klassische Bereiche oder Abteilungen gebe es bei abcfinlab nicht mehr, dafür flache Hierarchien. Auch die Räumlichkeiten sind offen gestaltet, um die Kommunikation zu fördern. Die Organisationsstruktur ist sternförmig, das Produkt steht im Mittelpunkt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Teams sind für das Produkt verantwortlich und arbeiten miteinander. „Entscheidend ist es, alle Kompetenzen an Bord zu haben und kein Mikromanagement zu betreiben“, empfiehlt Wernicke. Um Innovationen zu fördern, müsse jeder die Chance haben, aus einer Sackgasse wieder rauszugehen und einen anderen Weg einzuschlagen. Dass dieses Vorgehen erfolgversprechend ist, zeigen die ersten Produkte, die bereits nach wenigen Monaten erfolgreich am Markt platziert werden konnten. „Wir haben für Leasing-Vertriebspartner ein Tool entwickelt, mit dem innerhalb von 10 Minuten am Point-of-Sale ein Leasing-Vertrag abgeschlossen werden kann“, nennt der abcfinlab-Geschäftsführer ein Beispiel. „Das wäre in dieser Geschwindigkeit in alter Struktur nicht möglich gewesen.“ 

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Unternehmensgröße spielt keine Rolle

Spielt beim Transitionsprozess die Unternehmensgröße eine Rolle? Haben große Unternehmen einen Vorteil oder gar einen Nachteil, den digitalen Wandel zu gestalten? Diese Frage diskutierten in der Podiumsdiskussion Bernd Dambacher, Miller Leasing Miete, Guido Feldhaus, SüdLeasing, Sabine Kluge, Dr. Lars Ruesberg, afb Application Services, und Markus Wernicke. Transformation sei eine Frage der Haltung, nicht des Budgets und damit unabhängig von der Unternehmensgröße. Kleinere Unternehmen könnten sogar im Vorteil sein, weil sie flexibler, wendiger sind und sich Änderungen schneller umsetzen lassen. Bei der Frage der Organisationsstruktur – digital Office oder organische Einheit – haben die Gesellschaften keinen einheitlichen Weg eingeschlagen. Einigkeit bestand darin, dass eine Digital Unit nicht losgelöst vom Mutterunternehmen funktionieren kann. Es bedürfe stets der Rückkoppelung mit den Marktexperten. 

Künstliche Intelligenz in der Anwendung

Dirk Aue, Cognizant Technology Solutions, führte in den zweiten Themenblock am Nachmittag des Forums ein. Künstliche Intelligenz im Sinne der Simulation intelligenten menschlichen Verhaltens durch Maschinen findet derzeit in der Leasing-Branche noch keine Anwendung. Allerdings gibt es bereits eine Reihe von Ansätzen zur Nutzung von KI wie die Restwertprognose. Diese basieren auf Prototypen und stellen keine produktive Anwendung dar. Auch beim Thema KI sieht Aue keine Vorteile für bestimmte Unternehmensgrößen, da die Anbieter KI als Service in der Cloud zur Verfügung stellen und keine Gesellschaft eigene Entwicklungen realisieren muss. „Es braucht aber Experten im Unternehmen, die sich überlegen, welche Anwendung man wie nutzen kann.“   

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Restwertprognose 2.0

Chris Domagala stellte die Lectura-Restwertprognose 2.0 vor. Lectura biete für über 80.000 Typen aus den Bereichen Baumaschinen, Flurförderzeuge, Hubarbeitsbühnen, Krane, Lkw-Ladekrane, Hoch- und Tiefbaugeräte, Kommunaltechnik, Recycling und Wertverläufe an. Er erläuterte die Herkunft der Daten und Anwendungen. Monatlich werden rund 2 Mio. Datenpunkte gesammelt und mittels eines Berechnungsalgorithmus ausgewertet. Die Daten stammen von Händlern (Transaktionsdaten), Herstellern (Listen-, Neupreise) und von Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche (Transaktionsdaten). Korrektiv bleibt abschließend immer die manuelle Wertplausibilisierung mittels eines (menschlichen) Experten. 

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Asset- und Kundendatenkompetenz

Robert Gerstenberger, Deloitte Consulting, führte aus, dass das Verständnis von neuen Technologien und deren Implikationen auf Geschäfts- und Betriebsmodelle entscheidend für die Zukunftsfähigkeit und Differenzierung gegenüber dem Wettbewerber sei. Mehrwertservices auf Basis herausragender Asset- und Kundendatenkompetenz bieten Chancen für differenzierte Leasing-Angebote. Mithilfe von Daten über die Nutzung des Leasing-Gutes können individuelle Leasing-Modelle entwickelt werden, jedoch sieht Gerstenberger noch eine Hürde in der Zurückhaltung von Unternehmen, ihre Daten weiterzugeben. 

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Pay-per-Use-Modell für Maschine mit KI

Abschließend berichtete Franziska Walz, TRUMPF Werkzeugmaschinen, von einem Laservollautomaten, der KI einsetzt. Kunden können den Laser mittels Pay-per-Use-Modells finanzieren. Der Laservollautomat definiert den Prozess der Laserbearbeitung neu und vereint Produktivität und Prozesssicherheit. Die Entnahme und Sortierung der Teile, sowie Ent- und Beladung funktionieren vollautomatisch in einem Arbeitsgang. Der Laser erkennt Probleme, z.B. beim Entnehmen der Teile, und versucht, diese selbst zu lösen. Die Maschine wurde mit Produktionsdaten von Maschinen weltweit gefüttert und verbessert ihre Entnahmestrategien durch kontinuierliches Lernen.

Die Informationen, die die Maschine liefert, werden genutzt, um neue Services aufzusetzen, aber auch für neue Geschäftsmodelle, wie Pay-per-Use. Franziska Walz: „Diese Finanzierung wird für uns als Einstiegsmodell genutzt, um die innovative Maschine in den Markt einzuführen.“

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Die vielfältigen Facetten der Digitalisierung, die auf dem 4. Forum diskutiert wurden, zeigen, dass das Thema noch längst nicht erschöpfend erörtert wurde. Das 5. Forum Digitalisierung 2020 ist daher bereits gesetzt. Themenvorschläge sind dem BDL willkommen.

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