Leasing in Zeiten der Sharing Economy

Der Leasing-Grundgedanke wird neu aufgeladen

Die Grundidee des Leasing – Nutzen statt Eigentum – passt hervorragend in die aktuelle Zeit der Sharing Economy, in der der Eigentumsgedanke weiter an Bedeutung verliert. Die Leasing-Leitidee wird dadurch neu aufgeladen und durch Digitalisierung und Big Data geradezu befeuert, auch im B2B-Bereich.

Kai Ostermann, BDL-Präsident

Die nachfolgenden Inhalte sind ein Auszug unseres Themendossiers „Leasing in Zeiten von Sharing-Economy“ (Stand: 2019), das für Journalisten als Download (Word-Datei) zur redaktionellen Verwendung zur Verfügung steht.

Leasing-Wirtschaft ist verlässlicher Partner für den Wandel

Teilen und Leihen statt Kauf und Eigentum – das ist die Idee hinter der Sharing Economy, die immer beliebter in Deutschland wird: Statt Hotelübernachtungen werden bei Airbnb private Wohnungen für den Städtetrip gebucht. Statt eigenem Fahrzeug leiht man sich sein Auto für die Fahrt zum Restaurant über einen CarSharing-Anbieter, lässt den Wagen stehen und nimmt zurück kein Taxi, sondern einen RideSharing-Service in Anspruch. Musik und Filme werden bei Spotify oder Netflix gestreamt, sein Wissen teilt man auf Wikipedia, für die Abendveranstaltung leiht man sich ein Designerkleid übers Internet. Rund 40 Prozent der Deutschen nutzen nach einer PwC-Studie (Share Economy 2017 – The New Business Model) Angebote der Share Economy, Tendenz steigend. 2018 betrug das Marktvolumen in Deutschland über 24 Milliarden Euro. Die Nutzer sind mehrheitlich U40, also zwischen 18 und 39 Jahren, und gut gebildet. Jeder Zweite nimmt an der Sharing Economy, die auch Collaborative Economy genannt wird, vor allem aus ökonomischen Gründen teil. Dagegen führt nur jeder Vierte Umweltschutz oder Nachhaltigkeit als Begründung auf. Dabei kann die Tausch- und Mietkultur durchaus dazu ihren Beitrag leisten.

Leasing und Pooling mit langer Tradition in Deutschland

Während der Handel durch Tauschen, dem Leihen und gemeinschaftlichen Nutzen bei Privatkunden boomt, sind Sharing-Modelle in der Industrie und im B2B-Bereich in Deutschland noch weit weniger verbreitet. Doch sie gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei ist der Gedanke des Teilens und Leihens in der Wirtschaft weder neu noch revolutionär. Leasing und Pooling – bei beiden Modellen erwirbt man nicht das Eigentum, sondern mietet oder teilt – werden seit über einem halben Jahrhundert in Deutschland genutzt. Über die Hälfte der außenfinanzierten Investitionen von Unternehmen werden mittels Leasing-Verträgen realisiert. Damit dominiert Leasing gerade im Mittelstand alle Investitionsformen – ganz unabhängig von der konjunkturellen Situation.

Auch die gemeinschaftliche Nutzung von Betriebsmitteln hat Tradition: In der Landwirtschaft schlossen sich zum Beispiel Ende der 1950er-Jahre Bauern in sogenannten Maschinenringen zusammen. In diesen Organisationen werden bis heute landwirtschaftliche Geräte gemeinschaftlich angeschafft und je nach Bedarf ausgeliehen. Bereits seit 20 Jahren ist die Fracht- und Laderaumbörse Timocon als europaweite Vergabeplattform für Transportaufträge aktiv und bringt Lade- und Frachtraum zusammen. In der Brauwirtschaft vermieten Brauer ihre Abfüllanlagen, wenn diese nicht ausgelastet sind, an sogenannte Kuckucksbrauer. Ein Modell, das durch den Aufschwung des Craftbeers zu neuem Leben erweckt wird. Innovative Brauer mit Ideen, aber noch ohne eigene Brauerei, mieten sich für einige Zeit bei mittelgroßen Brauereien ein, nutzen Braukessel und Abfüllablagen für geringe Volumina. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten. In Amerika, wo innovative Entrepreneure an der Tagesordnung sind, heißen diese Brauer Gypsy Brewer.

Digitalisierung als Treiber der Sharing Economy

Digitale Plattformen und Apps bringen mittels Algorithmen Anfrager und Anbieter zusammen, über weite Distanzen hinweg, unkompliziert und schnell.

"Durch Sharing-Modelle werden weniger Maschinen am Markt benötigt, die Maschinen besser ausgelastet und freie Kapazitäten können über einen Kapazitätsmarktplatz anderen Herstellern zur Verfügung gestellt werden, erläutert Hans-Joachim Dörr, Geschäftsführer der TRUMPF Financial Services GmbH und Vorsitzender des BDL-Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit und Public Affairs. Erfolgreich seien die Sharing-Modelle, so Dörr, wenn die Kunden auch einen besseren Service im Hinblick auf Wartungsverträge, Ersatzteile oder After-Sales-Services erhalten.

CarSharing etabliert

Dies ist auch das Grundprinzip des CarSharings, das sich in Deutschland bereits etabliert hat. Durchschnittlich steht ein Auto rund 23 Stunden am Tag. Beim CarSharing nutzen dagegen rund zehn Personen ein- und dasselbe Fahrzeug. Apps erleichtern diese gemeinschaftliche Nutzung. Ähnliches gilt auch für den CarPool eines Unternehmens. Unterstützt wird dieser Trend durch den Wertewandel bei jungen Generationen: Gerade in Ballungsräumen hat das eigene Auto deutlich an Attraktivität eingebüßt.

Was bedeutet dies für die Leasing-Wirtschaft in Deutschland, deren beliebtestes Leasing-Objekt das Auto ist? „Die Mehrheit der CarSharing-Anbieter nutzt geleaste Fahrzeuge, häufig mit ergänzenden Services“, gibt sich Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des BDL, gelassen. Zudem entwickeln viele Leasing-Gesellschaften eigene Mobilitätslösungen. Captives haben CarSharing-Töchter gegründet oder bieten RideSharing und andere Lösungen an.

Innovationskraft der Leasing-Branche

„Den sich verändernden Kundenbedürfnissen hat sich die Leasing-Wirtschaft im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer wieder angepasst“, erläutert die BDL-Hauptgeschäftsführerin. Begonnen mit der reinen Finanzierung von Investitionen über ergänzende Serviceangebote bis zu neuen Nutzungsmodellen aufgrund von Big Data. „Quelle der Innovationskraft der Branche ist die Nähe zum Kunden. Die konsequente Kundenorientierung ermöglicht eine gute Rückkopplung für Markttrends. Hinzu kommt die verlässliche Partnerschaft mit dem Mittelstand“, führt sie aus. Die Leasing-Wirtschaft selbst ist mittelständisch geprägt und spiegelt in ihrer Struktur die Unternehmenslandschaft in Deutschland wider. Zudem stammt der Löwenanteil der Leasing-Kunden aus dem Mittelstand.

Beratung auf Augenhöhe

Vom Mittelstand für den Mittelstand ist die Devise der Branche. Das Leasing-Geschäftsmodell ist Asset-orientiert. Daher sind Leasing-Gesellschaften Experten für die Wirtschaftsgüter, die sie verleasen. In den Gesellschaften arbeiten in Teams Finanzierungsexperten mit Fachleuten für die Objekte und Branchen wie Ingenieure, Kfz-Meister, IT-Experten, Physiker etc. zusammen. Diese Objektkompetenz und Expertise findet sich bei keinem anderen Finanzierer. Mit den Kunden können Leasing-Gesellschaften daher auf Augenhöhe sprechen und über den gesamten LifeCycle eines Investitionsgutes beraten.

Neue Nutzungsmodelle und Services

Die Anforderungen an eine Leasing-Gesellschaft verändern sich im Laufe der Zusammenarbeit nicht nur in Bezug auf die zu finanzierenden Güter. Mit der Digitalisierung entsteht auch das Bedürfnis nach neuen Finanzierungsmodellen. Kunden fragen nach flexibleren, mit Zusatznutzen angereicherten Leasing-Modellen, nach mehr Serviceangeboten zu ihrer Entlastung. Sie erwarten eine Rundumlösung für ihre Investitionsvorhaben statt einer Finanzierung.

Wenn z. B. ein großer Hersteller von Spülmaschinen für die Gastronomie auf seiner Website explizit damit wirbt, dass seine Kunden kein Leasing mehr brauchen, sondern nur noch Spülgänge als Pay-per-Wash zahlen und dafür alles inklusive bekommen – Körbe, Wasseraufbereitung, Spülchemie, Wartung und Service – dann müssen Leasing-Gesellschaften mit eigenen Modellen an Kunden und Vendorpartner herantreten, um nicht abgehängt zu werden,

fasst es BDL-Vizepräsident Thomas Kolvenbach zusammen.

Viele Leasing-Gesellschaften entwickeln solch nutzungsorientierte Modelle oder sind bereits damit auf dem Markt. Der Leasing-Kunde zahlt die Rate in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzung des Investitionsgutes, zum Beispiel in Abhängigkeit von Betriebsstunden, Kilometern, Kopien oder Scans – ohne Anschaffungskosten, laufende Kosten und Kapitalbindung.

Pay-per-Use-Modell

Bystronic ist ein weltweit führender Anbieter von Lösungen für die Blechbearbeitung. Im Fokus liegt die Automation des gesamten Material- und Datenflusses der Prozesskette Schneiden und Biegen. Zum Portfolio gehören Laserschneidsysteme, Abkantpressen sowie entsprechende Automations- und Softwarelösungen. Die Bystronic Laser AG und die Deutsche Leasing AG bieten ihren gemeinsamen Kunden ein Pay-per-Use-Modell an, ein nutzungsabhängiges Finanzierungsmodell für Laserschneidanlagen.

Dank einer entsprechenden Schnittstelle kann die Laserschneidanlage Daten über die tatsächliche Nutzungsintensität an Bystronic übermitteln. Ausgewählte Daten werden dann an den Leasing-Geber weitergeleitet. So erhält die Bad Homburger Leasing-Gesellschaft Informationen darüber, wie stark die Maschine genutzt wird und wie deren technischer Zustand ist. Nötige Wartungs- und Servicearbeiten können flexibilisiert und der tatsächlichen Nutzung angepasst werden. Daran bemisst sich die Raten- und Servicegestaltung des Investitionsobjekts. Im Rahmen der Vereinbarung zwischen der Leasing-Gesellschaft als Finanzierungspartner, dem Hersteller Bystronic und dem Kunden werden also nicht nur die Kosten für die Maschinennutzung, sondern auch notwendige Wartungsarbeiten an der Maschine geplant, die ebenfalls von der monatlichen Gesamtrate abgedeckt werden. Mittels geeigneter Daten ist sogar eine vorausschauende Wartung – Predictive Maintenance – möglich. Angepasst an die Wertschöpfungskette des Leasing-Nehmers könnten solche „smarten“ Nutzungsmodelle die nächste Stufe effizienter Finanzierung darstellen.

Smarte Nutzungskonzepte

Das Ditzinger Hochtechnologieunternehmen TRUMPF sammelt derzeit ebenfalls Erfahrungen mit der neuen Finanzierungslösung Pay-per-Use. Zum Beispiel hat das Unternehmen einen Laservollautomaten in die Niederlande vermittelt. Diese Maschine definiert den Prozess der Laserbearbeitung neu und vereint Produktivität und Prozesssicherheit. Der Kunde aus der Blechbearbeitung zahlt zunächst nur eine monatliche Grundgebühr. Wenn er die Maschine über eine zuvor vereinbarte Zeit hinaus nutzt, zahlt er pro Stunde einen variablen Betrag. Je länger die Maschine läuft, desto günstiger wird die zusätzliche Nutzungsgebühr. Zur Abrechnung sendet die Maschine Daten an TRUMPF, die zentral auf einer Datenplattform ausgewertet werden. Der Kunde erhält turnusmäßig einen Report inklusive Rechnung und sieht sofort, wie die Maschine genutzt wurde. Das Angebot umfasst die notwendigen Schulungen sowie Service, Wartung und Instandhaltung der Anlage über die gesamte Laufzeit. Die Finanzierung läuft über die hauseigene Bank, die derzeit ihr digitales Angebot stark ausbaut und auch an weiteren Pay-per-Use-Lösungen für unterschiedliche Kundengruppen arbeitet.

Atmende Rate

Pay-per-Use-Finanzierungen bieten Unternehmen den Vorteil, dass sich die Leasing-Rate der veränderten Auftragslage anpasst: Wird weniger produziert und verkauft, muss eine niedrigere Finanzierungsrate bezahlt werden. Diese „atmende Finanzierungsrate“ reduziert finanzielle Risiken und erleichtert Investitionsentscheidungen, weil Fixkosten zu variablen Kosten werden. Zudem wird das Kapital effizient eingesetzt.

Ausblick

Leasing bietet passende Antworten für die Herausforderungen der heutigen Zeit – für das beschleunigte Innovationstempo, für den digitalen Wandel oder die Sharing Economy mit serviceorientierten Ansätzen.

Dr. Claudia Conen, BDL-Hauptgeschäftsführerin, blickt zuversichtlich in die Zukunft der Branche.

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Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen 

Heike Schur
Referatsleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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