Standardsetter veröffentlichen Vorschlag zur Reform der Leasing-Bilanzierung

Leasing-Wirtschaft warnt Unternehmen vor übermäßigem Bilanzierungsaufwand

Brüssel/Berlin, 31. März 2009 ­ 
Die beiden internationalen Rechnungslegungs-Standardsetter International Accounting Standards Board (IASB) und Financial Accounting Standards Board (FASB) haben in einem Diskussionspapier ihre Vorstellungen zur Reform der bilanziellen Darstellung von Miet- und Leasing-Verhältnissen präsentiert.



Leaseurope, der europäische Dachverband der Leasing-Branche, begrüßt dies als klares Signal, dass die Standardsetter die Leasing-Bilanzierung als wichtiges Thema erkannt haben und sich der Bedeutung einer möglichst frühzeitigen Einbindung der Öffentlichkeit in das Normsetzungsverfahren für die Erlangung eines qualitativ hochwertigen Ergebnisses bewusst sind. 



Das seit langem erwartete Papier zielt vor allem darauf ab, zukünftig alle Arten von Miet- und Leasing-Verhältnissen unmittelbar in den Bilanzen der Mieter- und Leasing-Nehmer abzubilden. Bislang hat sich ein Teil der Nutzungsüberlassungen nur auf die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang des Jahresabschlusses niedergeschlagen. ,,Den Unternehmen muss klar sein, dass die geplanten Änderungen nicht nur einige wenige ,Big-Ticket-Geschäfte′ betreffen, wie etwa die von den Standardsettern oft genannten Flugzeug-Leases der Luftfahrtgesellschaften", sagt Mark Venus (BNP Paribas), Vorsitzender des Bilanzierungs-Ausschusses der Leaseurope. ,,Auch für Unternehmen, die lediglich alltägliche Ausrüstungsgüter oder Fahrzeuge leasen, wird sich vieles ändern. Und die machen den größten Teil des gesamten LeasingGeschäfts aus. Während nur ein Bruchteil der weltweiten Passagier-Luftflotte geleast ist, schließen allein die TOP-100-Leasing-Gesellschaften in Europa jährlich fast 5 Mio. neue Leasing-Verträge vorwiegend über Güter wie Autos, Transportmittel, Maschinen, PCs oder Fotokopiergeräte ab." Angesichts dessen befürchtet die europäische Leasing-Wirtschaft, dass die Standardsetter mit ihrem Fokus auf ,Big-Ticket-Leases′ weit über das Ziel hinaus schießen. 



Den Bilanzierenden sollte auch bewusst sein, dass die Pläne der Standardsetter nicht lediglich zu einem Zuwachs der bilanzierten Vermögensgegenstände und Schulden führen. Auch die Gewinn- und Verlustrechnung wird beeinflusst und es kommt zu einer massiven Ausweitung des Bilanzierungsaufwands. 



Viele alltägliche Leasing-Verträge enthalten beispielsweise Optionen, die es dem LeasingNehmer erlauben, die Laufzeit über den ursprünglich vorgesehenen Endzeitpunkt hinaus flexibel zu verlängern. Nach den Plänen von IASB und FASB müsste jeder Leasing-Nehmer zu Beginn des Leasing-Vertrages aufwändige Schätzungen über den aus seiner Sicht wahrscheinlichsten Wert für die Dauer der Laufzeit anstellen. Damit nicht genug, müsste diese auf subjektiven Wahrscheinlichkeiten beruhende Schätzung zu jedem Bilanzstichtag überprüft und gegebenenfalls an geänderte Einflussfaktoren angepasst werden. 



Völlig unklar ist, wie Unternehmen derartige Schätzungen angesichts eines mit Unsicherheit behafteten ökonomischen Umfelds mit hinreichender Verlässlichkeit durchführen sollen. ,,Hier scheinen die Standardsetter erneut auf einen Bilanzierungsstandard zuzusteuern, der in hohem Maße zu prozyklischen Schwankungen in der Finanzberichterstattung führt." erläutert Mark Venus. ,,Der Bilanzierungsaufwand für die Leasing-Nehmer darf nicht unterschätzt werden und die erheblichen Ermessens- und Gestaltungsspielräume bei der Ermittlung subjektiver Schätzgrößen können leicht dazu führen, dass die Jahresabschlüsse weniger aussagefähig und vergleichbar sind als bisher." 



Die europäische Leasing-Wirtschaft will keinen überzogenen Bilanzierungsstandard, dessen Komplexität die wirtschaftlichen Vorteile des Produkts Leasing in den Schatten stellen würde. Dies gilt besonders unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wo Unternehmen um Finanzierungen kämpfen müssen. Für diese Unternehmen ist Leasing als Finanzierungsalternative oftmals überlebenswichtig.



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Autorenhinweise:

Welchen Reformansatz verfolgen die Standardsetter?

Das Reformvorhaben wird oft als ,,Right-of-Use-Ansatz" bzw. ,,Nutzungsrechte-Bilanzierung" bezeichnet. Dieser Ansatz unterscheidet sich fundamental von dem derzeitigen Leasing-Bilanzierungsstandard, der maßgeblich auf die mit dem Leasing-Verhältnis verbundenen Chancen und Risiken abstellt. Nach dem Right-of-Use-Ansatz müsste jeder Mieter und LeasingNehmer stets das Nutzungsrecht an dem Mietgegenstand sowie eine korrespondierende Verbindlichkeit bilanzieren. Nach der derzeitigen Regelung wird das Mietobjekt nur bei so genannten Finance Leases in der Bilanz des Leasing-Nehmers ausgewiesen, bei denen im Wesentlichen alle Chancen und Risiken des Objekts auf den Leasing-Nehmer übertragen wurden. 



Welche Auswirkungen treffen Mieter und Leasing-Nehmer?

Zwar werden bei der Bilanzanalyse schon bisher regelmäßig auch Leasing-Verpflichtungen berücksichtigt, die nicht in der Bilanz passiviert sind. Insofern wird sich die Beurteilung der finanziellen Lage von Mietern und Leasing-Nehmern, die nach IFRS bilanzieren, auch nach Inkrafttreten eines neuen Leasing-Standards (wohl frühestens 2012) nicht dramatisch ändern. Wenn Kapitalgeber stark auf formale Kriterien wie etwa die Eigenkapitalquote abstellen, könnten sich allein aufgrund des anderen Bilanzausweises die Finanzierungsmöglichkeiten für die betroffenen Unternehmen verschlechtern, obwohl sich an ihrer Bonität

 
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