Standards sind zu komplex und führen zu Intransparenz und höheren Kosten

Leasing-Branche kritisiert Entwurf zur internationalen Rechnungslegung

Frankfurt, 27. September 2010 – „Der Entwurf ist rundweg abzulehnen“, kommentieren Prof. Rüdiger Frhr. von Fölkersamb, Präsident des europäischen Leasing-Verbandes Leaseurope, und BDL-Präsident Martin Mudersbach den „Exposure Draft“ zur internationalen Leasing-Bilanzierung heute auf einem Pressegespräch in Frankfurt. Die Standardsetter IASB und FASB waren mit dem Reformziel angetreten, mehr Transparenz über wesentliche Vermögenspositionen und Verpflichtungen der Leasing-Nehmer zu schaffen. „Auch die Leasing-Branche ist für mehr Transparenz. Doch die vorgestellten Standards führen nur zu mehr Komplexität“, bemängeln beide Präsidenten. „Sie stehen im krassen Widerspruch zu anderen Bilanzierungsgrundsätzen und sorgen letztlich sogar für Intransparenz.“ Bilanzierungsexperten teilen die Kritik der Leasing-Branche.

Betroffen von dem Entwurf sind diejenigen Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren. Für diese Leasing-Kunden wird es nach dem Entwurf zu mehr Bürokratie bei der Rechnungslegung kommen. Denn künftig sollen alle Leasing- und Mietverhältnisse sowie die daraus resultierenden Nutzungsrechte und Verpflichtungen in der Bilanz des Leasing-Nehmers erfasst werden. Dabei basiert die Bewertung von Nutzungsrechten und Verbindlichkeiten in erheblichem Maße auf subjektiven Einschätzungen. Nach dem bisherigen Standard werden bloße Nutzungsüberlassungen (Operating Leases) – wie andere Dienstleistungen auch – als „schwebende Geschäfte“ nicht beim Leasing-Nehmer bilanziell erfasst.

„Unternehmen können durchaus Hunderte von Leasing-Verträgen abgeschlossen haben. Nach den vorgeschlagenen Regeln muss der Leasing-Nehmer für jeden einzelnen Computer, Drucker und Kopierer, Dienstwagen, Gabelstapler und jede Maschine Wahrscheinlichkeiten einschätzen, u. a. über die erwartete Laufzeit des Vertrages und die erwartete Nutzungsintensität. Dies muss dokumentiert und laufend überprüft werden“, führt der BDL-Präsident aus. „Hat z. B. ein Unternehmer einen kündbaren Vertrag abgeschlossen, um flexibel zu bleiben, so zwingen ihn die neuen Regeln, sich von Beginn an festzulegen, wie lange er das Leasing-Objekt nutzen will. Dies ist völlig absurd“, schildert Mudersbach mögliche Folgen der Reformpläne.

Auch Elfriede Eckl, Wirtschaftsprüferin und Partnerin bei Ernst & Young, kritisiert die Auswirkungen des Entwurfs. „Die neuen Regelungen können Rating und Kreditwürdigkeit der Leasing-Nehmer beeinträchtigen.“ Und nicht nur das: „Die geplanten Änderungen führen beim Leasing-Kunden zu einem erheblichen Aufwand in Form von Sach- und Personalkosten. Die zusätzlichen Belastungen können schon bei einem mittelständischen Unternehmen in die Zigtausende gehen.“ Die Unternehmen müssen in die entsprechenden IT-Systeme sowie in interne Prozesse investieren. „Und dies, ohne einen wirklichen Nutzen für die Bilanzleser zu erbringen. Stattdessen sorgen die subjektiven Bewertungen für mehr Intransparenz“, ergänzt der BDL-Präsident. „Wir halten daher diese grundlegende Reform für unnötig. Mehr Transparenz könnte durch Detailänderungen, beispielsweise im Bilanzanhang, besser und einfacher erreicht werden.“

Für die Leasing-Geberseite werden von den Standardsettern zwei unterschiedliche Modelle vorgeschlagen, nach denen bilanziert werden soll. „Diese sind in der Anwendung sehr kompliziert und können zu einer Doppelbilanzierung führen. Die Leasing-Geber-Bilanzen werden aufgebläht, und ein unsinniges Bilanzbild wird gezeichnet“, beanstandet Mudersbach.

Leasing-Branche hofft auf EU-Kommission
Bis zum 15. Dezember 2010 haben die Betroffenen nun Zeit, ihre Stellungnahme an die Boards zu formulieren. „Wir appellieren an die Standardsetter, dieses Mal auf die internationale Kritik zu reagieren“, erklärt Leaseurope-Präsident Prof. von Fölkersamb. Er verweist auf das Discussion Paper, das im vergangenen Jahr bereits in 300 Stellungnahmen aus aller Welt in Teilen scharf kritisiert worden war. IASB und FASB nahmen die Argumente jedoch lediglich zur Kenntnis, aber berücksichtigten sie nicht. Auch die Kritik am Exposure Draft kommt nun aus allen Ländern Europas. „Auf keinen Fall dürfen die subjektiven Einschätzungen von Wahrscheinlichkeiten aufgenommen werden. Sollten die Reformpläne unverändert weitergeführt werden, so können wir nur hoffen, dass die EU-Kommission die Standards im Rahmen des Endorsement-Verfahrens ablehnt“, ergänzt BDL-Präsident Mudersbach. Denn erst nach dem Durchlaufen des Endorsement-Verfahrens würden die Bilanzierungsregeln für IFRS-pflichtige Unternehmen verbindlich.

 
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