Geplante Einbeziehung von Leasing-Raten in die Bemessungsgrundlage der Unternehmenssteuer verschlechtert das Investitionsklima
Kommentar von BDL-Präsident Horst-Günther Schulz
Die von der Koalition diskutierte Einbeziehung von Zinsen, Pachten und Leasing-Raten in die Bemessungsgrundlage der neu gestalteten Unterneh-menssteuer stellt neue Hürden für Leasing-Investitionen auf und gefährdet das Investitionsklima. Eine Besteuerung von Finanzierungsaufwendungen erhöht grundsätzlich die Kapitalkosten und belastet somit unmittelbar die Investitionstätigkeit. Geplante Investitionen in Milliardenhöhe können dadurch verhindern werden. Die Leasing-Branche ist mit rund 50 Mrd. Euro der größte Investor in Deutschland. Jede vierte Ausrüstungsinvestition wird inzwischen über Leasing realisiert.
Die Koalition hat sich Anfang Juli auf gemeinsame Eckpunkte für die Unternehmenssteuerreform verständigt. Die nominale Steuerbelastung soll für Körperschaften von 39 Prozent auf 30 Prozent sinken. Künftig sollen die Körperschafts- und die Gewerbesteuer durch eine föderale und eine kommunale Unternehmenssteuer mit einheitlicher Bemessungsgrundlage ersetzt werden. Ertragsunabhängige Elemente - also Finanzierungsaufwendungen wie gezahlte Zinsen und Zinsanteile von Leasing-Raten, Mieten, Pachten und Lizenzen - sollen in die Berechnung einbezogen werden. Der Umfang wird noch diskutiert. Dies bedeutet: Kosten in Form von Leasing-Raten, Pachten oder Zinsen, die Unternehmen für den Bezug von Drittleistungen aufwenden müssen, werden steuerlich nicht mehr anerkannt.
Hiervon besonders betroffen sind Unternehmen in Verlustphasen, Startups sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Mangels Eigenkapital sind gerade diese Firmen auf Fremdfinanzierung und Leasing angewiesen, erzielen jedoch zu geringe Gewinne, um die Steuern auf ihre Finanzierungskosten zu bezahlen. Für mittelständische Unternehmen ist Leasing die Außenfinanzierungsalternative Nr. 1 für ihre Investitionsvorhaben. Einen Eindruck von den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen gibt eine wissenschaftliche Untersuchung der Universität zu Köln aus 2003, die die Auswirkungen einer 25prozentigen Einbeziehung von Leasing-Raten ausschließlich in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage untersucht hat. Sie prognostiziert – bei sonst unveränderten Rahmenbedingungen - die Rückgänge der gesamtwirtschaftlichen Anlageinvestitionen um acht Prozent und des Bruttoinlandproduktes um ein Prozent sowie den Verlust von 200.000 Arbeitsplätzen.
Die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage von föderaler und kommunaler Unternehmenssteuer bietet die Chance einer Steuervereinfachung. Diese Chance wird jedoch vertan, wenn die derzeitigen Pläne umgesetzt werden. Denn schon die Ermittlung eines prozentualen „Zinsanteils“ von Leasing-Raten führt zu großen Problemen. Leasing-Raten sind das einheitliche Entgelt für eine komplexe Dienstleistung, die neben der Nutzungsüberlassung von Wirtschaftgütern vielfältige Servicekomponenten sowie Risiko- und Optionselemente enthält. Entsprechend hängt ein prozentualer „Zinsanteil“ von zahlreichen Parametern ab: Laufzeit des Vertrages, Zinsniveau, Umfang der Servicekomponenten, Risikoelemente, vertragliche Optionsrechte, Restwert des Leasing-Objekts etc. Angesichts dessen würde die Bestimmung eines Zinsanteils entweder ein hochkompliziertes Verfahren voraussetzen oder im Fall einer Pauschalierung in der Mehrzahl der Fälle zu falschen Ergebnisse führen.
Fazit: Wenn die Bundesregierung ihre Absichtserklärung einer Investitionsoffensive zur Belebung der Konjunktur umsetzen will, muss sie von ihrem Vor-haben ablassen. Zinsen und Leasing-Raten in die Unternehmenssteuer einzubeziehen. Die Koalition sollte auf geeignetere Maßnahmen zur „Gegenfinanzierung“ ausweichen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Investitionstätigkeit hätte.
(Erschienen in Finance, Sonderbeilge September 2006 "Leasing & Factoring", www.finance-magazin.de)