„Wir sind alle aufgefordert, diesen Weg zu gehen“
Pay-per-Use und Cloud Computing bestimmten das 5. BDL-Forum Digitalisierung
„Die Corona-Krise hat Megatrends wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder den Umbruch der Automobilindustrie verschärft“, erklärte Guido Feldhaus, Geschäftsführer der SüdLeasing GmbH, auf dem 5. BDL-Forum Digitalisierung am 16. Oktober 2020. Feldhaus führte als Moderator durch die Veranstaltung, bei der Fachleute erstmals digital und präsent miteinander diskutierten. Die Veranstaltung verfolgten rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Live-Stream.
Das 5. Forum Digitalisierung widmete sich den beiden Schwerpunktthemen Pay-per-Use und Cloud-Computing. „Das Thema Pay-per-Use gewinnt aktuell an Fahrt“, führte Feldhaus aus. Er sah vor allem drei Themenbereiche, die auf dem Forum beleuchtet wurden: Das Asset und seine Daten, die technische Transformation dieser Daten und das Refinanzierungsrisiko.
Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des BDL, eröffnete das 5. Forum Digitalisierung.
Pay-Per-Use-Studie von O’Donovan
Ein hohes Wachstumspotenzial für Pay-per-Use sehen die Teilnehmer der Studie von O‘Donovan Consulting GmbH. Uwe Michler stellte einstimmend einen Zwischenstand der Umfrage vor. Aktuell sind es noch wenige Leasing-Gesellschaften, die Pay-per-Use-Modelle anbieten. Der technische Reifegrad wurde von der Mehrzahl als „im Werden“ beurteilt. Jedoch plant eine Reihe von Unternehmen, nutzungsabhängige Modelle in den nächsten 1 –2 Jahren zu realisieren. Auch Kunden seien noch zögerlich, da das Modell erklärungsbedürftig sei, berichtete Michler von Gesprächen mit Leasing-Gesellschaften. Leasing-Gesellschaften müssten dafür sorgen, dass sich der Vertrieb das entsprechende Know-how aneignet, empfahl er.
Ganz neu sind nutzungsbasierte Abrechnungen im Leasing nicht. Beim etablierten Kilometervertrag beispielsweise zahlt der Leasing-Nehmer für die Nutzung des Pkw nach gefahrenen Kilometern, die vertraglich festgelegt wurden. Die Digitalisierung und das IoT – Internet of Things – eröffnen nun der nutzungsbasierten Abrechnung neue Möglichkeiten durch die Übertragung von Objektnutzungsdaten in Echtzeit. Die Flut an Daten, die eine Maschine liefert, muss jedoch zunächst transformiert werden, damit die Leasing-Gesellschaft diese nutzen kann.
Frank Schottenheim, PS Team: Plattform SE.M.LABS
Eine technische Möglichkeit für die Datentransformation stellte Frank Schottenheim, PS Team GmbH, mit seiner Pay-per-Use-Plattform SE.M.LABS vor. Die Plattform bildet eine Digitalisierungsbrücke zwischen Asset und Leasing-Gesellschaft. Maschinendaten werden eingelesen, standardisiert und plausibilisiert, um daraus nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle zu generieren.
Diana Rees, ZkSystems: Retrofit-as-a-Service
Eine betriebswirtschaftliche Sicht auf das Internet of Things, die „Economy of Things“, führte Diana Rees, ZkSystems GmbH, in ihrem Vortrag aus. Die Vernetzung von digitaler und physischer Welt führe zu einem Hybrid aus Produkt und digitalen Services. Maschinen werden in Zukunft immer weniger als reine Hardware angeboten, sondern seien Teil eines Servicepaketes. So erwirtschafte Rolls-Royce inzwischen über 50 Prozent seiner Umsätze im Triebwerkssegment durch Services. Anhand weiterer Beispiele führte Rees aus, wie die ZkSystems-Software die Umsetzung von Pay-per-Use und das Angebot von digitalen Services ermöglicht.
Frank Wachner, BayernLB: Flexibel refinanzieren – Möglichkeiten und Grenzen
Welche Möglichkeiten und welche Grenzen ergeben sich für Pay-per-Use auf der Refinanzierungsseite? Diesen Punkt sprach anschließend Frank Wachner, BayernLB, an. Da die Ratenhöhe im Vorfeld nicht bekannt und die Bank von der Asset-Bewertung und -Auslastung „weit weg ist, ist die Refinanzierung für Banken aufgrund des Risikos schwierig“. Aktuelle Pay-per-Use-Modelle fokussierten sich auf die Bonität der Leasing-Gesellschaft, bei der die nutzungsabhängige Abrechnung nur einen überschaubaren Anteil am Portfolio einnimmt. Oder sie basieren auf einer gefixten Basisrate, auf die flexibel eine Mehrauslastung aufgebaut werden kann. „Wenn standardisierte fungible Assets mit stabilen Werten eingesetzt werden, ist die Refinanzierung einfacher. Umso spezieller das Asset, um so reservierter reagieren die Banken bei der Refinanzierung“, führte Wachner aus.
Diskussion Panel I: Pay-per-Use
In den nächsten 15 Jahren wird die Software zu 85 Prozent wertstiftend sein, während die Hardware, z. B. eine Werkzeugmaschine, nur noch mit 15 Prozent zum Wert beitragen wird und Jahrzehnte beim Kunden verbleibt, prognostizierte Peter Welp, Siemens Financial Services GmbH, in der anschließenden Panel-Diskussion mit den drei Referenten. Leasing-Gesellschaften sollten sich daher Gedanken machen, welche Servicemodelle sie aus der Datennutzung über Pay-per-Use hinaus anbieten und wie sie ihr Geschäft stärken können. Dabei erörterten die Diskutanten im Panel I die Frage, wem die von der Maschine erzeugten Daten gehören und wer sie nutzen darf.
Diskussion Panel II: Cloud Computing
Die zweite Hälfte des Forums widmete sich einem klassischen IT-Thema, dem Cloud Computing. In der Panel-Diskussion tauschten sich Christian Bieser, SüdLeasing GmbH, Lars Meinecke, Microsoft Deutschland GmbH, Dirk Aue, Cognizant Technology Solutions GmbH, und Peter Welp über technologische, betriebswirtschaftliche und aufsichtsrechtliche Dimensionen der Cloud aus. Fazit: An der Cloud komme niemand mehr vorbei, sei es für neue Geschäftsmodelle, die den Datenaustausch in Echtzeit und die Zusammenarbeit mit Partnern fordern, oder auch für Standard-Software, die künftig nur noch in der Cloud zu nutzen ist. Die Frage sei daher nicht, ob ein Unternehmen in die Cloud gehe, sondern wie und wann.
Lars Meinecke, Microsoft, Dirk Aue, Cognizant: Über den Wolken
Im Anschluss an die Panel-Diskussion stellte Meinecke die Hyperscale Cloud von Microsoft vor. Insbesondere ging er auf regulatorische Anforderungen und Sicherheitsaspekte ein. Ergänzend beschrieb Aue, welche Fragen Unternehmen für sich beantworten sollten, bevor sie in die Cloud gehen. Zuallererst müsse geklärt sein, welche Ziele ein Unternehmen mittels der Cloud erreichen will. Danach folge die Erarbeitung einer Cloud-Strategie, die Planung der Migration und die Auswahl der Hilfsmittel, die man nutzen könne. Aue sprach zudem die Herausforderungen an, die ein Unternehmen zu meistern hat: Changemanagement und Weiterbildung der Beschäftigten spielen eine wichtige Rolle.
Fazit
„Die Digitalisierung stellt uns alle vor kleinere und größere Herausforderungen. An der ein oder anderen Stelle kann es auch einmal etwas haken“, führte Guido Feldhaus zum Abschluss des Forums mit einem Augenzwinkern auf anfängliche technische Probleme bei der Übertragung der Veranstaltung aus. Es habe sich gezeigt, dass die vor einigen Jahren noch in der Theorie diskutierten Modelle nun in den ersten Anwendungen sind. Dies sei auch nicht nur ein Thema von großen Leasing-Gesellschaften. „Ich glaube, die Gefahr geht eher von den ganz Großen außerhalb der Branche aus“, warnte er. Auch kleinere Gesellschaften könnten sich an bestehende Systeme anschließen oder einen wichtigen Part bilden, erklärte er. „Assets haben Informationen, die wollen und müssen verarbeitet werden. Wir alle sind aufgefordert, diesen Weg zu gehen.“